„Wir wollen doch nur eine Bushaltestelle“

Fast alle Menschen in Fulda leben in unmittelbarer Nähe einer Bushaltestelle. So auch die Ripkes: Die nächste Haltestelle der Linie in der Neuenberger Straße ist nur wenige hundert Meter von ihrem Haus entfernt – Luftlinie. Aber zwischen der Haltestelle der Linie 3 und der Wohnung müssen circa 80 Höhenmeter überwunden werden. Weder für die Ripkes noch für ihre vielen Nachbarn, die gemeinsam mit ihren vor Jahrzehnten gebauten Häusern gealtert sind, ist der steile Berg leicht zu überwinden. Gleichzeitig fährt ganz in der Nähe der oberen Hainzeller Straße und Niedermooser Straße oben auf der Höhe Linie 5 auf der Sickelser Straße vorbei –ohne anzuhalten.

Ein Pfad trifft seitlich der Sickelser Straße auf eine größere, geteerte Stelle.

Genau hier wünschen sich Anwohner der oberen Hainzeller und der Niedermooser Straße endlich eine Bushaltestelle.

Stefan Ripke will das ändern. Schon vor drei Jahren wandte er sich das erste Mal an die Stadt und schlug vor, eine Bushaltestelle auf der Sickelser Straße einzurichten. Hier befindet sich dort, wo die Hainzeller Straße früher mit der Sickelser Straße verbunden war, ohnehin bereits ein Durchgang für alle, die zu Fuß die Sickelser Straße überqueren und auf dem geteerten Rad- und Fußweg jenseits der Straße Richtung Fulda Galerie laufen wollen. Genau auf der Höhe, wo der Pfad von der Hainzeller Straße aus auf die Sickelser Straße trifft, wünscht Stefan Ripke sich eine Bushaltestelle: „Da ist der Berg weg – das ist dann auf einer Höhenlinie.“ Leute in Neuenberg sagen, es habe bereits vor einigen Jahren einmal eine ähnliche Eingabe gegeben.

Da oben fährt der Bus leer durch die Pampa

Dass es Bedarf für die Haltestelle gibt, steht außer Frage. Die Ripkes beobachten immer wieder gehbehinderte ältere Menschen und Schulkinder mit schweren Ranzen, die sich von der Bushaltestelle in der Neuenberger Straße den Berg bis zur Niedermooser Straße hochkämpfen. Auch Mütter, die in Fulda Galerie wohnen, schieben ihre Kinderwagen mit viel Mühe den Berg hoch. Und für Stefan Ripke selbst wäre Busfahren attraktiver, wenn die Haltestelle sich auf gleicher Höhe wie der hoch gelegene Teil Neuenbergs befinden würde: „Ich bin herzkrank. Ich würde gern mein Auto öfter sehenlassen und Bus fahren.“ Seine Frau Elke sekundiert: „Der Berg und dann was zu tragen – das schafft mich manchmal.“ Die 86-jährige Nachbarin der Ripkes bleibt beim Anstieg alle paar Meter stehen, um zu verschnaufen.

Stefan Ripke setzt sich bereits seit drei Jahren für eine Bushaltestelle an der Sickelser Straße ein - genau dort, wo der Pfad von der Hainzeller Straße aus auf diese durchstößt.

Stefan Ripke setzt sich bereits seit drei Jahren für eine Bushaltestelle an der Sickelser Straße ein – genau dort, wo der Pfad von der Hainzeller Straße aus auf diese durchstößt.

Um Busfahren für die Neuenberger oben auf der Höhe attraktiver zu machen, muss dabei keine neue Linie eingerichtet werden, denn die Linie 5 fährt ja in unmittelbarer Nähe vorbei. Was fehlt, ist bloß eine weitere Bushaltestelle. Im Moment befindet sich die letzte Haltestelle der Linie 5, die häufig nur wenige Passagiere hat, vor dem Halt am Mondrianplatz in Fulda Galerie auf Höhe des Parkhauses am Rosengarten – mehrere Kilometer entfernt. Genau das ist es, was die Ripkes nicht verstehen: Für die Neuenberger gibt es Bedarf, die Linie 5 ebenfalls nutzen zu können, und „da oben fährt ein Bus leer durch die Pampa.“

Umzug wegen fehlender Busanbindung

Beim Ortstermin an der Sickelser Straße, treffen wir Carola Gonzales mit ihrem Hund, die dem Anliegen sofort positiv gegenübersteht: „’ne Haltestelle hier würd‘ ich prima finden.“ Eine Bekannte aus Neuenberg, so berichtet sie, zog gar aus Neuenberg in einen anderen Stadtteil. Die Begründung: „Ich schaffe den Berg nicht mehr.“ Wenn der Bus attraktiver würde, könnte dies auch positive Auswirkungen auf den Verkehr auf der Sickelser Straße haben. „Sie können Fragen, wen Sie wollen,“ so Carola Gonzales, „alle beklagen sich, der Verkehr nimmt immer mehr zu.“

Die Öffnung im Gitter an der Hainzeller Straße deutet immerhin an: Wer zu Fuß geht, ist hier willkommen.

Die Öffnung im Gitter an der Hainzeller Straße deutet immerhin an: Wer zu Fuß geht, ist hier willkommen.

Trotz der Interessenlage der Anwohner, ist die Stadt allerdings noch nicht tätig geworden – obwohl die damalige Stadtbaurätin Cornelia Zuschke die Argumentation Stefan Ripkes nachvollziehen konnte und in einem Antwortschreiben vom Mai 2013 betonte, dass sie mit ihrer Einschätzung „dicht beieinander seien“. „Unbestritten ist auch,“ so die ehemalige Stadtbaurätin, „dass eine weitere Bushaltestelle an der Sickelser Straße die Attraktivität des Wohngebiets erhöhen und die Erreichbarkeit für die Bewohner erleichtern würde.“ Eine Bushaltesellte auf einer solchen „freien Strecke“ könne dort aber nur „neben der Fahrbahn“ angelegt werden, und es müsse eine Querungshilfe für Fußgänger geschaffen werden – was beides mit erheblichen Kosten verbunden sei, die der Stadt im Augenblick nicht zur Verfügung stünden. Vom neuen Stadtbaurat Schreiner kam bisher auch keine positive Antwort.

„Wir wollen doch kein Dorfgemeinschaftshaus!“

Ungeteerter, herbstlich mit Blättern bedeckter Fußpfad von mit Pflanzen überwachsenen Gartenzaun links und Büschen rechts eingesäumt.

Wenn der Verkehr nicht wäre, ein lauschiges Plätzchen: der Durchgang zwischen Hainzeller und Sickelser Straße.

Stefan Ripke überzeugt die Argumentation nicht, denn die Sickelser Straße sei für Fußgänger zu den meisten Tageszeiten leicht zu überqueren, und es sei nicht einzusehen, warum nicht einfach durch Aufstellen eines Haltestellenschildes eine Haltestelle geschaffen werden könne. Haltestellen ohne Querungshilfen gibt es schließlich auch an anderen freien Strecken in Fulda – beispielsweise an der Maberzeller Straße, wo das Verkehrsaufkommen eher höher ist. Und dass man auf der Sickelser Straße 70 fahren darf, ließe sich ja schließlich ändern.

Für Stefan Ripke ist schwer zu verstehen, warum sich die Stadt so schwertut: „Wir wollen doch kein Dorfgemeinschaftshaus da stehen haben. Wir wollen doch nur ’ne Haltestelle.“

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